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Tarifrunde Metall- und Elektroindustrie

Tarifergebnis in Baden-Württemberg: 4,3 Prozent mehr Geld

19.05.2012 | 4,3 Prozent mehr Geld, die unbefristete Übernahme und faire Bedingungen für Leiharbeiter: Der Einsatz von allen, die sich an den Warnstreiks der vergangenen Wochen beteiligt haben, hat sich gelohnt! Nach der fünften Verhandlungsrunde in Baden-Württemberg haben die Tarifvertragsparteien ein Ergebnis erzielt.

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Verhandkungsführer Jörg Hofmann und der Erste Vorsitzende der IG Metall Berthold Huber kommentieren den Abschluss in der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie.

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"Dieses Tarifergebnis ist ein ganz besonderes Tarifergebnis. Wir haben einen Forderungsdreiklang aufgestellt, um die Herausforderungen einer modernen Arbeitsgesellschaft erfolgreich bewältigen zu können", erklärte Freitagnacht der Erste Vorsitzende der IG Metall, Berthold Huber, anlässlich des Tarifergebnisses der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg. Die Verhandlungen hatten sich 17 Stunden hingezogen.

 

Jörg Hofmann, IG Metall-Bezirksleiter in Baden-Württemberg, bezeichnete das gefundene Tarifergebnis als Erfolg für die IG Metall. "Die dauerhafte Erhöhung der Entgelte beteiligt die Belegschaften am wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen und sichert den Beschäftigten reale Entgeltzuwächse", sagte er dazu im Anschluss an die Verhandlungen auf einer Pressekonferenz. Auch hätten die Arbeitgeber ihre Totalverweigerung zu den qualitativen Themen wie Übernahme der Ausgebildeten und Leiharbeit endlich aufgegeben.

 

 

Es gehe um faire Teilhabe am wirtschaftlichen Fortschritt, faire Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten und faire Zukunftsperspektiven für die jungen Leute. Huber dankte allen, die den Tarifabschluss möglich gemacht haben. "Das heutige Ergebnis war möglich, weil die Mitglieder der IG Metall ein machtvolles Zeichen der Solidarität gesetzt haben. Mehr als 800.000 Kolleginnen und Kollegen haben sich an Warnstreiks beteiligt. Dafür bedanke ich mich."

 

 

Wir haben mit dem Ergebnis eine faire Teilhabe der Beschäftigten an der guten wirtschaftlichen Entwicklung in der Metall- und Elektroindustrie erreicht. Gleichzeitig haben wir für die junge Generation wichtige Fortschritte erzielt. Auch bei der Leiharbeit haben wir viel erreicht, auch wenn wir uns natürlich mehr gewünscht hätten. Trotzdem ist es uns erstmals gelungen, die Einsatzbedingungen von Leiharbeitern in einem Tarifvertrag zu beschreiben. "Das stärkt die Position unserer Betriebsräte gewaltig", sagte Huber. "Auf dem Weg zu einer neuen und vor allem sozialeren Ordnung des Arbeitsmarktes sind wir einen großen Schritt vorangekommen", hat das für Tarifpolitik zuständige Vorstandsmitglied Helga Schwitzer das Tarifergebnis begrüßt.  

 

 

Der Tarifvertrag läuft bis zum 30. April  2013. Das Ergebnis im Einzelnen sieht folgendermaßen aus:

 

 

1. Mehr Geld

 

Die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg erhalten 4,3 Prozent mehr Geld. Damit wurde beim Entgelt ein Ergebnis erreicht, das deutlich über der Inflationsrate liegt und das die Beschäftigten an der Wohlstandsentwicklung beteiligt. Die außergewöhnlich gute wirtschaftliche Entwicklung aus 2011 wurde einbezogen.

 

 

2. Die unbefristete Übernahme

 

Die Jungen sind die großen Gewinner des Tarifergebnisses. Die unbefristete Übernahme der Ausgebildeten wird jetzt zur Regel. Und zwar bereits für alle, die im Januar 2013 und danach auslernen werden.  "Die zentrale Botschaft ist: Alle Auszubildenden, die nach dem 31. Dezember 2012 ihre Prüfung bestehen, werden besser gestellt, als das heute der Fall ist", betonte Detlef Wetzel, Zweiter Vorsitzender der IG Metall.

 

 

Wie sieht das genau aus? Arbeitgeber und Betriebsrat können eine Betriebsvereinbarung  abschließen. In dieser Vereinbarung wird der Bedarf, den Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam feststellen, festgelegt.  Auszubildende, die  zu diesem  "Bedarf" zählen, werden  nach dem neuen Tarifvertrag nach bestandener Abschlussprüfung unbefristet übernommen. Über Bedarf Ausgebildete haben keinen Anspruch auf Übernahme.

 

 

Besteht in einem Unternehmen keine Betriebsvereinbarung, dann muss  der Arbeitgeber sechs Monate vor Ende der Ausbildung mit dem Betriebsrat den absehbaren Bedarf beraten. Auszubildende, die zum "Bedarf" zählen, werden sodann unbefristet übernommen. Über Bedarf Ausgebildete haben Anspruch auf  eine befristete Übernahme von zwölf Monaten. Bisher mussten sie überhaupt nicht weiterbeschäftigt werden. Zusätzlich muss der Arbeitgeber drei Monate vor Auslaufen der Befristung prüfen, ob eine Weiterbeschäftigung möglich ist.

 

Mehr Chancen für Schwächere

Über eine gemeinsame Vereinbarung verpflichten sich die Arbeitgeber  und die IG Metall,  besonders zu fördernde Jugendliche  mit gezielten Instrumenten zu unterstützen. "Vom Einstieg zum Aufstieg", so heißt diese Vereinbarung.

 

Damit bauen IG Metall und Arbeitgeber jungen, noch nicht ausbildungsreifen Schulabsolventen eine Brücke für den Einstieg in ein reguläres Ausbildungsverhältnis in der Metall- und Elektroindustrie. Die Jugendlichen absolvieren ein Förderjahr, in dem sie zur Ausbildungsreife für einen M+E-Beruf geführt werden sollen.

 

 

3. Mitbestimmung macht Leiharbeit fair

 

Die IG Metall will Leiharbeit auf das beschränken, wofür sie einmal gedacht war: Produktionsspitzen abzufangen. Das Tarifergebnis geht einen großen Schritt in diese Richtung. Es gelten künftig tarifvertraglich festgelegte Grundregeln für den Einsatz von Leiharbeit. Die Entgelt- und Arbeitsbedingungen der Stammbeschäftigten dürfen nicht beeinträchtigt, Arbeitsplätze dürfen nicht gefährdet werden.

 

 

Der Einsatz bedarf der Zustimmung des Betriebsrats. Er darf darüber hinaus nur vorübergehend sein. Der Tarifvertrag legt die Kriterien hierfür fest. Unter anderem ist der Einsatz zulässig, wenn im Betrieb spezielle Qualifikationen fehlen oder kranke Beschäftigte vertreten werden müssen. Oder wenn es gilt, Auftragsspitzen abzuarbeiten.

 

 

Diese grundsätzlichen Regelungen gelten flächendeckend. Zusätzlich ermöglicht der Tarifvertrag den Abschluss freiwilliger Betriebsvereinbarungen. In ihrem Rahmen sind Regelungen zum Einsatz von Leiharbeit und zur betrieblichen Flexibilität möglich. Regelungspunkte können Einsatzzwecke, Einsatzbereiche und Volumen von Leiharbeit sein, außerdem die Höhe der Vergütung für Leiharbeiter sowie Einsatzhöchstdauer und Übernahmeregeln. 

 

 

Im Rahmen der Betriebsvereinbarung kann in Sachen Flexibilität vereinbart werden, die Quote der Beschäftigten, die 40 Stunden in der Woche arbeiten, um 12 Prozentpunkte von jetzt 18 auf 30 Prozent auszuweiten. Wird das vereinbart, sind im gleichen Umfang 30-Stunden-Verträge zu ermöglichen. Ausgestaltet als eine verkürzte Vollzeit mit Rückkehrrecht.

 

 

Gibt es in einem Betrieb keine Betriebsvereinbarung zur Leiharbeit, dann wird künftig schon nach 18 Monaten überprüft, ob der Leiharbeiter übernommen wird. Nach 24 Monaten Beschäftigung ist Übernahme Pflicht.

 

Wie geht's weiter?

Besondere Bedeutung komme jetzt den Betriebsparteien zu, so Helga Schwitzer. Die Betriebsräte hätten jetzt bei den Vereinbarungen zu Leiharbeit und Ausbildungsplätzen mehr Rechte und Handlungsmöglichkeiten. Jetzt gelte es, die getroffenen Vereinbarungen zügig umzusetzen. Das betreffe vor allem auch die Leiharbeitgeber. "Wir fordern sie auf, mit uns zügig in Verhandlungen zu treten", sagte Schwitzer.

 

 

Am Montag will sich die IG Metall mit den Zeitarbeitsverbänden BAB und IGZ treffen, um weiter über faire Bedingungen für Leiharbeiter zu verhandeln.

 

 

Ebenfalls am Montag berät die Große Tarifkommission der IG Metall Baden-Württemberg über das Ergebnis. Huber zog nach den Verhandlungen im Bezirk Baden-Württemberg eine positive Bilanz: "Die Solidarität, das Engagement und der bemerkenswerte Einsatz unserer Mitglieder haben sich gelohnt."

Meldung IG Metall Vorstand vm 19.05. 2012

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